Aktuelles
Februar 2021 – Die Briloner SPD wird 75 Jahre jung

Offiziell fiel der Startschuss in Brilon am 24. Februar 1946. Aber auch schon zu Zeiten der Weimarer Republik konnten Sozialdemokraten in Brilon von sich reden machen. Besonders der Stadtverordnete sozialdemokratischer Richtung und Holzwarenfabrikant Franz Hennig. Doch werfen wir einen Blick zurück bis zur Gründung am 24. Februar

 

In der Weimarer Republik gab es in Brilon nur wenige Sozialdemokraten. Ein SPD Ortsverein bestand nicht. Bei den letzten halbwegs freien Kommunalwahlen in Brilon vor der Hitler-Diktatur am 12. März 1933 erreichte die SPD kein Mandat. Unter den 24 Kreistagsabgeordneten war der Briloner Alfred Hahn als einzigster Sozialdemokrat vertreten. Alfred Hahn, der spätere Mitbegründer der Briloner SPD und Anton Laubrunn von den Sozialdemokraten, sowie Mitglieder der Familie Schieferecke vom Zentrum waren im „Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold“ im Sauerland führend tätig. In Brilon bestand eine eigene Ortsgruppe, deren Mitglieder mit ihrer Ortsgruppenfahne an örtlichen und überörtlichen Versammlungen und Demonstrationen teilnahmen.

 

Das „Reichsbanner“, im Februar 1924 in Magdeburg auf Initiative der SPD zum Schutz der parlamentarischen Demokratie gegründet, richtete sich gegen Gewalttaten und Aufstandsversuche aus dem rechts- und linksextremistischen Spektrum der Weimarer Republik. Im wesentlichen von der SPD wurde es auch von Teilen des Zentrums, der Deutschen Demokratischen Partei und Gewerkschaften getragen. Die Briloner Ortsgruppenfahne ist gut erhalten und befindet sich heute im Sauerland Museum in Arnsberg.

 

Allerdings sorgte der eingangs genannte Franz Hennig im Jahre 1919 für einen Eklat in der Stadtverordnetenversammlung. Das Westfälische Volksblatt sprach in seiner Ausgabe von einem “Schurkenstreich gemeinster Art”. Was war geschehen? In einer Sitzung stellte dieser den Antrag, dass auch im Bürgersaal eine “Renigung” vorgenommen werden müsste, dadurch, dass die an den Wänden befindlichen Kaiserbilde zu entfernen seien. Der Stadtverordnetenvorsteher Hillebrandt wies diesen Antrag zurück mit dem Bemerken, dass die Sitzung geschlossen sei und deshalb Anträge nicht mehr erledigt werden könnten, bemerkte aber gleichzeitig, dass der Antragsteller es sich für die Zukunft merken möge, “dass Politik” in der Stadtverordnetenversammlung ausgeschlossen sei. Bei den gesamten Stadtverordneten erregte dieser Antrag “gerechte Entrüstung”, so das Westfälische Volksblatt. “Mißgestimmt verließen fast alle Stadtverordneten den Saal. Am Morgen nach der Sitzung wurde die Wahrnehmung gemacht, dass das Bild des Kaisers Wilhelm II. aus den Rahmen herausgeschnitten war.”

 

Und weiter: “Der hiesige Bilderstürmer der seiner Zeit aus dem Bürgersaale des hiesigen Rathauses das Bild Kaiser Wilhelms II. auf nicht rühmliche Weise aus dem Rahmen geschnitten und dann entfernt hatte, der Stadtverordnete, Holzhändler und Holzwarenfabrikant, der während des Krieges Heeresliferant war und auf seinem Briefbogen die Bezeichnung Lieferant Königlicher Behörden stehen, Franz Henning, hat für seine das Vaterland rettende Tat vom hiesigen Schöffengericht ein Geldstrafe von 60 M erhalten. Die gleiche Strafe erhielt sein Komplize der frühere Brauergeselle, Bierverleger, Gemüsehändler dann während der staatlichen Umwälzung zum Arbeiter und Soldatenrat aufgestiegener Stadtverordnete Franz Thiele.”

 

Mit weiteren organisierten Versammlungen erregte der Bilderstürmer Hennig in der Folgezeit weiter den Unmut der damaligen Mehrheitsfraktion, insbesondere des damaligen Bürgermeisters Savigny. Dieser forderte die ortsansässige Arbeiterschaft auf, “treu ihrem Glauben verfechtend, auf dem Boden der christlichen Weltanschauung stehend, im Kampfe gegen Unglauben und Materialismus das Ansehen der Stadt Brilon hochzuhalten.” Man sieht: Es war nicht einfach für die ersten Sozialdemokraten in Brilon. Aber auch Jahrzehnte später war es nicht einfach. Wir wollen an dieser Stelle nichts vorwegnehmen: Aber Jahrzehnte später forderte der Enkel des einstigen Bürgermeisters Savigny zum Sturm auf das “rote Rathaus” auf. Erfoglos.

 

Am 24. Februar 1946 fand dann im Café Starke am Markt die Gründungsversammlung des SPD Ortsvereins Brilon statt. Zum 1. Vorsitzenden wählte die Versammlung einstimmig Alfred Hahn. Der Bäckermeister August Schreckenberg, ein alteingessener Briloner Bürger wurde stellvertretender Vorsitzender. Der weitere Vorstand setzte sich wie folgt zusammen: Schriftführer wurde Paul Böhm, Kassierer wurde Bernhard Henne und Beisitzer im Vorstand wurden Willi Frigger und Josef Vogel. Außerdem wurden für die Briloner Quartale sowie Altenbüren als Vertrauenslaute Bernhard Henne, Josef Stork, Clemens Gockel, Willi Frigger und Hermann Becker gewählt. Die Zeit der Gründung war gekennzeichnet von den verheerenden Folgen des 2.Weltkriegs. Die Probleme der Versorgung, Ernährung und Unterkunft standen, auch angesichts zahlreicher Flüchtlinge in der Stadt, im Vordergrund der politischen Arbeit. Alle 14 Tage fand eine Mitgliederversammlung statt.

 

Die Wahl des 1. Stadtrates nach dem Krieg erfolgte am 15. September 1946. Die Briloner SPD erreichte 17,3 % der Stimmen. Zur ersten Landtagswahl nach dem Krieg kandidierte im April 1947 als landesweit jüngster Kandidat der inzwischen stellvertretende Vorsitzende der Briloner SPD Julius Drescher. Bei der nächsten Kommunalwahl im Jahr 1948 konnte die SPD ihr Ergebnis auf 22,7 % verbessern. Alfred Hahn war von 1946-1950 Vorsitzender der Briloner SPD. Als Sozialdemokrat hat er auch unter nationalsozialistischer Verfolgung gelitten. Neben seiner Tätigkeit im letzten Kreistag vor der Hitler-Diktatur war er Ratsmitglied von 1948 bis 1956. Er verstarb am 13. März 1956 im Alter von 69 Jahren.

 

Sein Nachfolger als SPD Ortsvereinsvorsitzender wurde 1950 Julius Drescher, der 26 Jahre bis 1976 dieses wichtige Amt ausübte. Julius Drescher war 35 Jahre lang die Führungspersönlichkeit der Briloner und Sauerländer SPD. Als langjähriger Landtagsabgeordneter von 1956 bis 1980 (mit kurzzeitigen Unterbrechungen), als Mitglied des Kreistages von 1948 bis 1974 und als Bürgermeister der Stadt Brilon von 1956 bis 1958 und von 1961 bis 1963 hat er sich in seiner Heimatstadt Brilon und weit darüber hinaus unschätzbare Verdienste erworben. Im Jahre 2010 rief die SPD im Hochsauerlandkreis zu seinen Ehren den Julius-Drescher-Preis ins Leben.

„Sobald es die Corona-Lage wieder zulässt werden wir im 2. Halbjahr unseren Geburtstag ordentlich feiern und dabei viele Geschichten und Anekdoten aus den vergangenen 75 Jahren Revue passieren lassen. Aber auch gleichzeitig auf die nächsten 75 Jahre anstoßen.“, so Dirk Wiese (Mdb, Vorsitzender der Briloner SPD seit 2006).

 

Ein umfassenden Rückblick auf die Geschichte der Briloner SPD gibt es unter www.spd-brilon.de/geschichte-der-briloner-spd/.