Bericht aus dem Sauerland Kurier
Ihren 75. Geburtstag feiert in diesem Jahr die Briloner SPD. Am 24. Februar 1946 fand im Café Starke am Markt die Gründungsversammlung des SPD Ortsvereins Brilon statt. Ihr Jubiläum feierte die Partei nur wenige Meter vom Gründungsort entfernt, im Museum Haus Hövener. Als Festredner hatte die Ortsgruppe Martin Schulz gewinnen können. Der frühere Präsident des Europaparlaments und SPD-Kanzlerkandidat bei den letzten Wahlen ist heute Mitglied des Bundestages und Vorsitzender der Friedrich-Ebert-Stiftung.
Der Vorsitzende der Briloner SPD Dirk Wiese skizzierte einige Eckdaten der Geschichte, vom Gründungsvorsitzenden Alfred Hahn, über Julius Drescher und den heutigen Ehrenbürgermeister Franz Schrewe, der selbstverständlich auch unter den Gästen war, bis in die Gegenwart mit Bürgermeister Dr. Christof Bartsch. Ausführlich kann man dies auf der Homepage der SPD unter www.spd-brilon.de/geschichte-der-briloner-spd/ nachlesen.
Bartsch meinte in seinem Grußwort augenzwinkernd, das Wetter passe vielleicht ganz gut zur Partei selbst, die manchmal an sich selbst leide. Positiv gewendet bedeute dies aber auch, dass die SPD die Fähigkeit habe, sich selbst zu hinterfragen. Das sei allerdings in einer Zeit, die zur Schwarz-Weiß-Malerei und zur Verkürzung komplexer Sachverhalte neige, oft schwer zu vermitteln. Schließlich äußerte er den Wunsch, junge Leute für ein politisches Engagement zu begeistern.
Schulz machte keinen Hehl daraus, dass man es vor allem Dirk Wieses Beharrlichkeit zu verdanken habe, dass er der Einladung gefolgt ist: „Das ist einer, der lässt nicht locker.“ Er bezeichnete seinen Fraktionskollegen im Bundestag zudem als „ausgezeichneten Abgeordneten“, der seiner Heimat verbunden und verpflichtet geblieben sei und gleichzeitig gut vernetzt.
Wie zuvor der Bürgermeister, charakterisierte Schulz die Gegenwart als eine Zeit der großen Umbrüche und Herausforderungen. Die Zeit, in der man von allem immer mehr erwarten konnte, sei wahrscheinlich vorbei. Mahnende Worte fand er auch für die durch die Digitalisierung hervorgebrachten Veränderungen. Homeoffice, wie es jetzt allenthalben eingefordert werde, gefährde mühsam erkämpfte soziale Grundrechte: „Wie wird sich das Wohnen verändern, wenn es zugleich unser Arbeitsplatz wird?“ Die Arbeit vorwiegend über die digitalen Medien begünstige eine Anonymisierung der Gesellschaft. „Menschen brauchen Menschen und keine Mattscheiben“, sagte er plakativ.
Eine weitere Gefahr sah er in der Zunahme von Egozentrik. Ein Egoismus nach Außen werde dabei schnell zum Egoismus nach Innen. Als Paradebeispiel nannte er Donald Trump, der mit seiner „America First“-Ideologie auch Selbstsucht auf der Ebene des Individuums befördert habe.
Die Menschen, die nach dem Krieg die Parteien gegründet haben, seien von einem anderen Gedanken beseelt gewesen, dem der Gemeinsamkeit. „Die Starken tragen die Schwachen“ sei der Grundgedanke der SPD gewesen – und zwar nicht aus einer caritativen Motivation heraus, sondern weil so aus den Schwachen letztendlich starke Menschen würden.
Der emanzipatorische Gedanke sei Grundlage der Bildungspolitik gewesen. Werte wie Respekt, Toleranz und Würde hätten die SPD bei ihrer Gründung getragen, spiegelten sich in Willi Brands Idee vom „Volk der guten Nachbarschaft“ – und seien heute aktueller denn je. Insofern sei die SPD auch im 21. Jahrhundert eine „moderne Partei“. „Meine große Sorge ist, dass diese Werte verloren gehen, denn die Welt entwickelt sich in Richtung Trumpisten“, so Schulz. Diese Tendenz sei getragen von der Digitalisierung, die den Populisten mit ihrer verkürzenden Darstellung Vorschub leiste.